Wir starten in die zweite Festivalwoche und möchten alle Gruppen der zweiten Hälfte, alle Teilnehmer*innen und Zuschauer*innen mit dem Grußwort unserer Festivalleitung herzlich willkommen heißen.

Kunst als heiliger Raum
Kunst im allgemeinen und Rampenlichter im speziellen ist für uns ein Ort, ein Raum, den wir im übertragenen und konkreten Sinn als Platz begreifen, den wir mit Hingabe und Leidenschaft gestalten, um den wir uns kümmern müssen, den wir pflegen und dem wir mit hoher Aufmerksamkeit, ja Hochachtung begegnen.
Martha Graham hat gesagt, jeder Ort, den ein Tänzer betritt, ist ein heiliger Ort. Damit ist weniger gemeint, dass der oder die Tänzerin aus einem profanen Ort einen heiligen macht. Vielmehr sind es unsere Verantwortung für den Ort, unser Bewusstsein für seine Besonderheit und unsere Demut und Ehrfurcht vor den künstlerischen Möglichkeiten, die in diesem Raum enthalten sind und zum Vorschein gebracht werden können, die damit angesprochen sind.
Und ja, Kunst als Raum zu begreifen heißt für uns auch, mit Akribie und Detailbesessenheit Strukturen zu entwickeln, aufzubauen, zu erhalten und zu perfektionieren, die das Aufscheinen und das Ausbreiten von all den Großartigkeiten, die die Kunst für uns bereithält, möglich machen. Kunst ist eine Care-Aufgabe und etwas, in dessen Dienst wir uns stellen.

Mit dem diesjährigen Festival fragen wir, was wir von der Kunst für die gemeinsame Arbeit an Gesellschaft und Demokratie lernen können und wie wir mit künstlerischen Mitteln demokratischen Prozessen gestalten können. Das nennen wir DemokrARTie.

Kunst kann Differenzen produktiv gestaltbar machen, Gemeinsamkeiten hervorheben und Verbindungen schaffen und damit ein Gegenpol zu Polarisierung und Spaltung sein. In der diesjährigen Botschaft zum Welttanztag formuliert Mikhail Baryshnikow dieses Potenzial wie folgt: „Vor allem jetzt, wo Hunderttausende Krieg aushalten, politische Umwälzungen durchstehen und sich mit Widerstand und Protest gegen Ungerechtigkeit erheben, ist ehrliche Reflektion unerlässlich. Es ist eine schwere Last, die Körper, Tanz und Kunst aufgebürdet wird. Doch Kunst ist immer noch der beste Weg, dem Unausgesprochenen eine Form zu geben, und wir können damit beginnen, uns zu fragen: Wo liegt meine Wahrheit? Wie kann ich mich und meine Gemeinschaft wertschätzen? Wem bin ich Rechenschaft schuldig?“ (Mikhail Baryshnikov, aus: Botschaft Welttanztag 2025)

Unsere Wahrheit liegt in unserer unerschütterlichen Überzeugung, dass die Kunst von Kindern und Jugendlichen ein zentraler Beitrag zu unserem kulturellen Zusammenleben ist.
Wie wertschätzen unsere Gemeinschaft, in dem wir die Unterschiedlichkeit aller, die hier aufeinandertreffen, feiern. Durch sie entsteht vor allem der vorhin beschriebene Raum.
Wir finden, dass wir vor allem den Kindern und Jugendlichen Rechenschaft schuldig sind.

pARTizipation
Partizipation ist eines der großen Versprechen der Demokratie: das heißt, wir dürfen mitentscheiden und es wird nicht über unsere Köpfe hinweg regiert und entschieden. Dank der UN-Kinderrechtskonvention ist auch klar: Kinder und Jugendliche sollen in allem, was sie betrifft mitsprechen (dürfen).
Doch was ist die Kunst der Partizipation?
Es ist eine Kunst und eine absolute Überzeugungstat, Räume zu schaffen oder in diesen Zeiten auch Räume zu erhalten, wo Mitsprache und Mitbestimmung gelebt und sichtbar wird. Außerdem nehmen wir absichtlich besonders diejenigen mit, die von der Gesellschaft strukturell benachteiligt oder übersehen werden und versuchen, ihre Verbündeten zu sein.
Und schließlich geht es bei der Partizipation darum, aktiv die eigene Zukunft zu gestalten. Die Zukunftsforscherin Florence Gaub, hat eine Anleitung für die Zukunft geschrieben, in der es darum geht, wie jeder von uns Zukunft gestalten kann, denn Regierungen machen die Zukunft nicht allein. Und sie beweist wissenschaftlich, dass wir umso optimistischer sind, je mehr Einfluss wir glauben zu haben. Und hier kommt die Partizipation ins Spiel, denn mit ihr erleben wir unseren Einfluss auf das Ergebnis und dass es sich lohnt, das Ergebnis nicht anderen zu überlassen. Sie sagt auch, die Gegenwart ist unser bester Zufluchtsort, sie ist ein Machbarkeitsraum. Denn [Zitat] „die Zukunft ist (noch) nicht hier. Sondern das Jetzt. Konzentrieren wir uns darauf.”

 

Alexander Wenzlik und Anna Wurzbacher (Festivalleitung)